DSGVO-Beurteilung Großer Status Quo Mehrteiler/ Teil-9a Zukunft & Weiterentwicklung der DSGVO (9A)

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2. Inhaltsverzeichnis

2.1. Inhaltsverzeichnis Erläuterung (Beitrag 2a)

2.2. Inhaltsverzeichnis – zum Register (Links zu Beiträgen) (Beitrag 2.b)

 

 

Teil-9 Zukunftsfähigkeit (9A)

9. Zukunft & Weiterentwicklung der Datenschutz-Grundverordnung

Bei vielen Bestimmungen der Datenschutzgrundverordnung muss festgestellt werden, dass sie den aktuellen datenschutzrechtlichen Herausforderungen nicht gerecht werden können, diese Mängel jedoch nicht durch geringfügige Formulierungsänderungen behoben werden können. Im Gegenteil, diese Mängel erfordern eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit den dahinterstehenden Regulierungskonzepten. Daher werden in diesem Kapitel wichtige Fragen im Zusammenhang mit diesen regulatorischen Aspekten aus der Perspektive des Verbraucherschutzes erörtert. Der erste Schritt besteht darin, die wichtigen Herausforderungen des Datenschutzes heute und in Zukunft zu lösen, denen das Datenschutzrecht gerecht werden muss. Der zweite Schritt besteht darin, die konzeptionellen Mängel der Datenschutz-Grundverordnung zu beheben, die sie an der Bewältigung der Herausforderungen hindern, und welche konzeptionellen Methoden anzuwenden sind. In den folgenden Kapiteln wird diskutiert, wie die notwendigen Datenschutzgesetze in der Europäischen Union und der Bundesrepublik Deutschland modernisiert werden können.

 

 

9.1. Datenschutz in der Welt von Heute

Die aktuelle DSGVO ist geprägt von der gemeinsamen Aufsicht der Europäischen Union und der Mitgliedsstaaten, die den zahlreichen offenen Klauseln und Aufsichtsaufgaben der DSGVO entspricht. Darüber hinaus enthält die Datenschutz-Grundverordnung ein breites Spektrum an Befugnissen, die von der verantwortlichen Person mit einem hohen Maß an Autonomie bestimmt werden. Es gibt viele Mängel bei der Verbraucherinformation und -einwilligung und anderen Lizenzen. Der Umfang der Rechte der Betroffenen ist oft unklar, insbesondere weil diese Rechte stark eingeschränkt sein können.

 

Die technologieneutralen Bestimmungen der Datenschutz-Grundverordnung wurden in eine Risikoneutralität umgewandelt, die den Risiken und der Komplexität moderner Datenverarbeitung in allen wirtschaftlichen, sozialen und administrativen Bereichen nicht gerecht werden kann. Regulierungsbehörden erhielten neue Aufgaben, konnten die Aufgaben jedoch gleichzeitig aufgrund unzureichender finanzieller und personeller Ressourcen nicht erfüllen. Der durch Regulierungen geforderte zeitaufwändige Abstimmungsprozess zwischen den Regulierungsbehörden soll mittel- und langfristig einen höheren Abstimmungsgrad erreichen, belastet die Regulierungsbehörden jedoch zunächst zusätzlich.

 

Der Erfolg vieler Neuerungen der Datenschutzgrundverordnung hängt mit den hohen Anforderungen an ihre Umsetzung zusammen, die weder durch die Datenschutz-Grundverordnung geregelt noch durch die politische Umsetzung geschützt sind. Die im digitalen Zeitalter heute besonders beliebten Dienste werden nicht finanziell berücksichtigt, sondern durch die Offenlegung personenbezogener Daten durch die Nutzer honoriert. Diese Daten stellen das eigentliche Produkt dar; der Service wird durch einen Drittanbieterdienst finanziert, wie zum Beispiel die Schaltung personalisierter Werbung.

 

Die Verarbeitung dieser Daten bringt enorme Gewinne und weckt damit Begehrlichkeiten. Auf Basis dieser Verarbeitung kann ein umfassendes Profil erstellt werden, um eine personalisierte Ansprache der Verbraucher zu erreichen. Dies kommt dem Verbraucher zugute, weil es auf seine (hypothetischen) Bedürfnisse zugeschnitten ist, hat aber Verhaltenseinfluss und schränkt durch seine algorithmische Vorauswahl die autonome Entscheidungsfindung des Verbrauchers ein. Wenn der Verantwortliche bestimmte Eigenschaften des Verbrauchers ausnutzt, um ihn zu manipulieren, kann er dies sogar direkt bestreiten.

 

Ziel der Formulierung der Datenschutz-Grundverordnung ist es, eine umfassende Modernisierung und Koordinierung des Datenschutzes in Europa zu erreichen und gleichzeitig die positiven wirtschaftlichen Auswirkungen des europäischen Binnenmarktes mit einem besseren Schutz der Grundrechte natürlicher Personen zu verbinden. Der Modernisierungsbedarf des Datenschutzrechts ergibt sich aus zahlreichen technologischen Entwicklungen, die letztlich zum Entstehen neuer Datenquellen und der Möglichkeit der Vernetzung dieser Datenquellen führen, was zu einer Erhöhung der Quantität und Qualität der Verarbeitung personenbezogener Daten führt. Die so gewonnenen Daten lassen sich immer schneller kombinieren und auswerten, immer besser werden Trotz der riesigen Datenmenge wird die Rechenleistung kontinuierlich gesteigert und die Analysemethode stetig verbessert.

 

Diese Entwicklung ist nicht beendet, bringt aber weiterhin ungelöste Herausforderungen an das Datenschutzrecht. Stichworte sind hier Smart Cars, Smart Health, Smart Home, Smart Assistants und Robots sowie Oberbegriffe für Ubiquitous Computing, Internet of Things, Künstliche Intelligenz und Big Data. Diese Technologien haben den Weg für einen zunehmend computerisierten Alltag geebnet, in dem Wissen über Menschen nicht nur aus den Informationen stammt, die sie direkt eingeben (z. B. in sozialen Netzwerken), sondern auch aus zunehmend verbreiteten Beobachtungen des Verhaltens von Menschen. Menschen im täglichen Leben – auch in privaten Räumen. Diese Erkenntnisse können dann genutzt werden, um Verbraucher in Form von Profilen und algorithmenbasierten Klassifizierungsverfahren auszuwerten, beispielsweise in Form von Mikrozielen zur Beeinflussung des Verhaltens von Werbedienstleistungen und Produkten, Abstimmungsinformationen und vielen anderen Zwecken.

 

Wenn im Hinblick auf die aktuelle Datenverarbeitung viele datenschutzrechtliche Fragen nicht gelöst sind, dann hat die technologische Entwicklung der Verarbeitung personenbezogener Daten und das Geschäftsmodell, das sich diesen Punkt zu Nutze macht, neue Problemfelder eröffnet. Die besondere Herausforderung des Rechts stellt das „smarte“ System dar. Es basiert auf unterschiedlichsten Sensortechnologien und algorithmenbasierten Verfahren und verspricht eine umfassende Unterstützung der Verbraucher in allen Lebenslagen.

 

Das System kann als Erweiterung des menschlichen Gedächtnisses verwendet werden, indem es einfache tägliche Aufgaben vollständig übernimmt, aber gleichzeitig Hilfestellungen für komplexe Tätigkeiten bietet. Gegenüber den enormen Vorteilen solcher Systeme sind die Nachteile der zugrunde liegenden Verarbeitung personenbezogener Daten in der Verbraucherwahrnehmung von untergeordneter Bedeutung.

 

 

 

Referenzen:

472 Siehe vergleichsweise Kapitel 10.
473 Siehe vergleichsweise Kapitel 6.4 bis 6.9
474 Siehe vergleichsweise Kapitel 9.3.1.
475 Siehe vergleichsweise hierzu näher Roßnagel, Datenschutzaufsicht, 2017.
476 Siehe vergleichsweise Datenschutzkonferenz, Erfahrungsbericht, 2019, 21ff.
477 Siehe vergleichsweise die Beiträge in DuD 8/2019.
478 Kugelmann, DuD 2016, 566.
479 So die Erwägungsgründe 1, 2, 4, 5, 6, 7, 10 und 13 Datenschutz-Grundverordnung.
480 Siehe vergleichsweise zu den Herausforderungen von Big Data für das Recht z.B. Hoffmann-Riem,2018.
481 Siehe vergleichsweise hierzu umfassend Roßnagel/Hornung, 2019.
482 Siehe vergleichsweise z.B. Jandt, DuD 2016, 571; Dochow, 2017.
483 Siehe vergleichsweise z.B. Skistims, 2016; Geminn, DuD 2016, 575.
484 Siehe vergleichsweise zum Beispiel Thies/Knote u.a., in: Roßnagel/Friedewald/Hansen, 2018, 175; Knote u.a.,Informatik Spektrum, 2020, 118ff.; Thies/Knote/Jandt/Söllner, DuD 2020, Heft9, i.E.; Steidle, 2005.
485 Siehe vergleichsweise zum Beispiel Keßler, MMR 2017, 589.
486 Siehe vergleichsweise Roßnagel, 2007.

 

 

…  Weiterlesen:

9b. DSGVO Beurteilung –  Zukunft Weiterentwicklung Datenschutz DSGVO

https://datenschutzbeauftragter-dsgvo.com/dsgvo-beurteilung-grosser-status-quo-mehrteiler-teil-9b-zukunft-weiterentwicklung-der-dsgvo-9b/