DSGVO Kopplungsverbot

Personenbezogene Daten dürfen erhoben und verarbeitet werden, wenn der Betroffene in die Verarbeitung freiwillig eingewilligt hat. Die Einwilligung ist grundsätzlich unfreiwillig und unwirksam, wenn sie an einen Vertrag gekoppelt wird (Kopplungsverbot), also Voraussetzung für den Vertragsabschluss ist so die DSGVO.

Das Verbot der Koppelung von Einwilligung und Vertragsabschluss ist ein Rechtskonstrukt aus dem Vertragsrecht. Bereits im alten Bundesdatenschutzgesetz war ein, wenn auch eingeschränktes Kopplungsverbot, festgeschrieben. Gemäß § 28 Abs. 3b BDSG darf der Abschluss eines Vertrags nicht von der Einwilligung des Betroffenen in die Verarbeitung, Erhebung oder Nutzung seiner personenbezogenen Daten abhängig gemacht werden, wenn ohne diese Einwilligung gleichwertige vertragliche Leistungen anderweitig nicht oder nicht in zumutbarer Weise zu erlangen sind. Eine solche gewissermaßen erzwungene Einwilligung ist unfreiwillig und daher unwirksam.

Einwilligung muss sich auf freie Entscheidung beruhen

Die Einwilligung hat auf einer freien Entscheidung des Betroffenen zu beruhen, ohne das wirtschaftlicher Zwang oder Druck ausgeübt wird. Für die Beurteilung, ob die Einwilligung auf der freien Entscheidung des Betroffenen beruht, war nach bisheriger Rechtslage maßgeblich, ob die verantwortliche Stelle (z.b. ein Unternehmen) eine Marktmacht, bzw. Monopolstellung für die Erbringung der Leistung innehatte, oder ob der Betroffene am Markt gleichwertige Leistungen erhalten konnte, ohne dass er eine Einwilligung zur Verarbeitung seiner Daten abgeben musste.

Diese Koppelung der Leistungserbringung an die Einwilligung zur Datenerhebung oder Datenverarbeitung personenbezogener Daten war wesentliche Geschäftsgrundlage diverser Marketingkonzepte, z.B. dem bekannten Geschäftsmodell “Service gegen Daten”, aber auch Online-Gewinnspiele, Webinare, Newsletter-Anmeldungen, sowie Downloadmöglichkeiten kostenloser Whitepaper nutzen diese Konstellation.

 

Freiwilligkeit der Einwilligung

Personenbezogene Daten können rechtmäßig erhoben oder verarbeitet werden, wenn ein Erlaubnis-Tatbestand greift oder eine Einwilligung des Betroffenen vorliegt. Die neue EU-Datenschutzverordnung ändert nichts an dieser Grundvoraussetzung. Die Einwilligung muss aber wie bisher schon nach alter, auch nach neuer Rechtslage freiwillig sein.

Das Verbot der Koppelung einer Leistung mit der Einwilligung zur Verarbeitung personenbezogener Daten soll damit einerseits der erforderlichen Freiwilligkeit der Einwilligung, andererseits aber auch dem Grundsatz der Datenminimierung Rechnung tragen. Unternehmen benötigen z.B. zum Versenden eines Email-Newsletters nur die E-Mail-Adresse des Empfängers. Wenn für den Erhalt des Newsletters auch Name und Adresse verlangt werden ist das unzulässig, da diese zusätzlichen Daten zum Versenden eines Newsletters nicht erforderlich sind.

Diese Koppelung verstößt gegen das Prinzip der Freiwilligkeit, verletzt den Grundsatz der Datenminimierung und ist daher unzulässig.

Erwägungsgrund

Mit dem neuen Art. 7 Absatz 4 DSGVO im Erwägungsgrund (43 S. 2) DSGVO sind jetzt derartige Koppelungsgeschäfte umfassend und ohne Einschränkung verboten.

Wortlaut:

Die Einwilligung gilt nicht als freiwillig erteilt, wenn zu verschiedenen Verarbeitungsvorgängen von personenbezogenen Daten nicht gesondert eine Einwilligung erteilt werden kann, obwohl dies im Einzelfall angebracht ist, oder wenn die Erfüllung ein“es Vertrags, einschließlich der Erbringung einer Dienstleistung, von der Einwilligung abhängig ist, obwohl diese Einwilligung für die Erfüllung nicht erforderlich ist.”

 

Jede Art von Zwangszustimmung verstößt nach aktuellem Recht gegen das Kopplungsverbot. Der Erlaubnistatbestand “Einwilligung” bleibt allerdings bestehen.

Die Freiwilligkeit einer Einwilligung ist nur dann gegeben, wenn der Betroffene eine echte oder freie Wahl hat. In diesem Fall betont Art. 7 Abs. 4 DSGVO zwar die Maßgeblichkeit der freien Wahl des Betroffenen, indem bei der Beurteilung der Freiwilligkeit der Einwilligung dem Umstand ob sie erforderlich ist, in größtmöglichem Umfang Rechnung zu tragen ist.

 

Koppelung grundsätzlich verboten

Daraus ist zu folgern das eine Koppelung nicht grundsätzlich verboten ist. Doch im Erwägungsgrund (43 Satz 2) DSGVO wird dieses Verbot wesentlich strenger ausgelegt, denn die Freiwilligkeit einer Einwilligung wird generell immer dann verneint, wenn die Einwilligung für die Erfüllung eines Vertrages nicht erforderlich ist.

Durch diesen scheinbaren Widerspruch zwischen Verordnungstext und Erwägungsgrund, entsteht eine gewisse Rechtsunsicherheit. Da es bisher noch keine Rechtsprechung zu diesem Thema gibt, ist auf jeden Fall Vorsicht geboten. Datenschützer halten es für wahrscheinlich, dass die Aufsichtsbehörden vom strengen Kopplungsverbot Gebrauch machen und Verstöße unter Umständen mit Geldstrafen von bis zu 20 Mio. € oder von bis zu 4 % des gesamten Jahresumsatzes des vorangegangenen Geschäftsjahres ahnden.

Die Datenschutzgrundverordnung unterscheidet im Erwägungsgrund (DSGVO 43 Satz 2) zwischen zwei Arten unzulässiger Koppelungsgeschäfte:

Horizontale und vertikale Koppelung

  • horizontale Koppelung:

liegt vor, wenn verschiedene Datenverarbeitungsvorgänge nebeneinander bestehen und erfordert jeweils gesonderte Einwilligungen für die einzelnen Datenverarbeitungsvorgänge. Eine Gesamteinwilligung für mehrere trennbare Datenverarbeitungen ist grundsätzlich eine unzulässige Koppelung. Das bedeutet aber nicht, das die Einholung einer Einwilligung für mehrere Datenverarbeitungsvorgänge künftig generell verboten ist. Es gilt die Ausnahme, das im Einzelfall auch eine einzige Einwilligung ausreichend sein kann. Dann zum Beispiel, wenn die Datenverarbeitungsvorgänge inhaltlich zusammenhängen und aufeinander aufbauen.

  • vertikale Koppelung:

Danach ist eine Einwilligungserklärung nicht freiwillig, wenn die Erfüllung eines Vertrages oder eine Dienstleistung von der Erteilung der Einwilligung abhängig ist. Unzulässig sind Koppelungen, durch die in einer Einwilligungserklärung nicht nur die Datenverarbeitung zur Durchführung eines Vertrages legitimiert wird, sondern auch zusätzliche Datenverarbeitungen ermöglicht werden.

 

Abmahnung großer Internetkonzerne

Ein aktuelles Beispiel sind die Einwilligungserklärungen großer Internetkonzerne, die Nutzern den Zugang zu ihren Diensten immer noch von einer scheinbar freiwilligen Zur Verfügstellung aller ihrer personenbezogenen Daten abhängig machen. Man kann bereits absehen, das Verbraucherschützer solche Koppelungen als unzulässig abmahnen werden.

Ist eine Koppelung von Werbeeinwilligungen auch weiterhin möglich?

Wie ist eine Koppelung von Werbeeinwilligungen z.B. mit Gewinnspielen oder dem Download von beworbenen Gratis-Whitepapers auch weiterhin möglich.

Vereinzelte Meinungen vertreten, dass das Problem rechtssicher zu lösen sei. Entweder die Verträge entkoppelt, also Einwilligungen separat einholen oder integrieren. Das heißt, die Einwilligung zur Verarbeitung personenbezogener Daten ist zum festen Bestandteil des Vertrages oder der Dienstleistung zu macht.

Diese zweite Option erfordert aber aus Gründen der Transparenz die ausdrückliche Klarstellung bei Vertragsschluss, das der Nutzer die Dienstleistung mit der Zustimmung für eine werbliche Nutzung seiner Daten bezahlt. Bei Gewinnspielverträgen würde das z.B. dann so heißen: “sie erhalten die Möglichkeit teilzunehmen und bezahlen mit ihren Daten als Gegenleistung”. In beiden Fällen wäre eine Einwilligung nicht mehr erforderlich. Eine weitere Option ist sich ggf. auf den Erlaubnistatbestand der berechtigten Interessen gem. Art. 6 Abs. 1 S. 1 f DSGVO stützen.

Andere Datenschutzexperten wiederum halten diese Lösungswege für problematisch und mit erheblichen Risiken behaftet. Sicherer sei es abzuwarten bis offene Fragen juristisch geklärt sind.

 

DSGVO als Chance sehen

Das Kopplungsverbot birgt für Unternehmen Rechtsunsicherheit. Jedoch werden auch in Zukunft die Geschäftsmodelle “Service gegen Daten” nicht unmöglich sein. Wer seine Prozesse entsprechend der Regelungen der DSGVO anpasst, wird das Risiko durch Abmahnungen der Konkurrenz oder Bußgelder der Datenschutzbehörde erheblich verringern.

Schließlich sollte man die neuen Reglungen der DSGVO als Chance begreifen, sich als besonders datenschutz- und damit verbraucherfreundlich aufzustellen. Die DSGVO ist sicherlich an einigen Stellen kritikwürdig. Gründet aber auch auf der Motivation, das Vertrauen der Verbraucher zu folgenden Grundsätzen zu stärken:

  • Rechtmäßigkeit
  • Verarbeitung nach Treu und Glauben
  • Transparenz
  • Zweckbindung
  • Datenminimierung
  • Richtigkeit
  • Speicherbegrenzung
  • Integrität & Vertraulichkeit
  • Rechenschaftspflicht

 

Betrachten Sie die neuen Regelungen daher als gute Gelegenheit, sich diesbezüglich optimal aufzustellen.

 

Weitere News zur DSGVO:

zum Kopplungsverbot:

https://datenschutzbeauftragter-dsgvo.com/dsgvo-kopplungsverbot-was-ist-das-compliance/