DSGVO – Weitragendes Urteil OLG Köln – Gesprächs- u. Telefonnotizen – sind lt. Auskunftsanspruch auch herauszugegeben

Gegen einen Datenverarbeiter hat jeder Betroffene einen umfangreichen Anspruch Auskunftserteilung. Doch die Frage, wie weit dieser Anspruch wirklich geht, ist nicht so einfach zu beantworten. Gehören beispielsweise Telefonnotizen dazu? Das OLG Köln hat sich genau mit dieser Frage beschäftigt und im Sommer 2019 eine überraschende Entscheidung betreffend der unterlassenen oder der nicht vollständigen Auskunftserteilung getroffen.

Was sagt die Datenschutzgrundverordnung DSGVO zum Auskunftsrecht

Grundsätzlich beschäftigt sich die DSGVO mit Vorschriften zum Schutz von natürlichen Personen hinsichtlich der Verarbeitung von personenbezogenen Daten. Hinzukommend ist auch der Schutz der Grundrechte und Grundfreiheiten von natürlichen Personen mit dieser Verordnung gewährleistet.

Sämtliche Mitgliedsstaaten können Sanktionen für Verstöße gegen die Verordnung festlegen und Maßnahmen für deren Einhaltung bestimmen. Dies gilt insbesondere für Verstöße, die keiner Geldbuße gemäß Artikel 83 unterliegen.

 

Neuer Urteil OLG Köln – Auskunftsrecht der Betroffenen

Wie bereits erwähnt, wurde vom OLG Köln die Frage nach der Reichweite des Auskunftsanspruches gemäß Artikel 15 Absatz 1DSGVO intensiv diskutiert. Nach Prozessverlauf wurde ein Urteil vom 26.07.2019 (20 U 75/18) gefällt, welches besagt, dass der datenschutzrechtliche Auskunftsanspruch um einiges umfangreicher ist, als bislang angenommen.

Prozessinhalt: Kläger möchte Einsicht in Gesprächsnotizen

In der Klage wollte der Kunde einer Lebensversicherung seinen Anspruch auf Auskunft nach dem oben erwähnten Artikel 15 Abs.1 DSGVO geltend machen. Im Rahmen der Klage wollte er Einsicht in Gesprächsnotizen und Telefonvermerke um seine eigene Rechtsposition in einem anderen Verfahren gegen diese bestimmte Versicherung festigen zu können. Von der Versicherung kam allerdings die Aussage, dass der Kunde (Kläger), keinen Anspruch auf Erteilung der Auskunft in einer solchen Reichweite geltend machen könnte. Laut Versicherung können lediglich Stammdaten herausgegeben werden. Telefonvermerke oder weitere Notizen würden die Reichweite des Anspruches auf Auskunft in diesem Fall weit übersteigen.

Das Landgericht Aachen sowie das Landgericht Köln hatten bereits in einer Vorinstanz diese Klage abgewiesen.

 

Artikel 15 Absatz 1 DSGVO

Laut Artikel 15 der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) hat jede Person das Recht, eine Bestätigung darüber zu verlangen, ob deren personenbezogene Daten verarbeitet werden. Sollte dies wirklich so sein, so hat der Betroffene auch das Recht, Auskunft über diese Daten zu beziehen. Der Artikel 14 DSGVO besagt, dass auch eine bestimmte Informationspflicht dann besteht, wenn die personenbezogenen Daten nicht bei der betroffenen Person erhoben wurden.

 

Personenbezogene Daten lt. DSGVO

Dieser Begriff ist im Artikel 4 Nummer 1 DSGVO niedergeschrieben und besagt, dass es sich hierbei um jene Informationen handelt, die sich auf eine natürliche Person beziehen. Dies beinhaltet unter anderem Informationen zu Vermögensverhältnissen, Kommunikationsbeziehungen aber auch Vertragsbeziehungen.

Das OLG Köln entschied schlussendlich, im Gegensatz zum Landgericht Aachen und Landgericht Köln, dass auch elektronische Vermerke vom Auskunftsanspruch umfasst sind. Diese Entscheidung stützt sich auch auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 15.12.1983 (1 BvR 209/83) betreffend das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung.

Folglich gab das OLG Köln der Berufung statt und verurteilte die in diesem Fall zuständige Versicherung dazu, zusätzlich zu den bereits übermittelten Stammdaten des Klägers, auch Auskunft über sämtliche weitere Daten zu erteilen. Dieses Urteil umfasst besonders jene Notizen, welche von der Versicherung gespeichert, verarbeitet und genutzt werden.

Mit diesem Urteil zählen also auch in Gepsrächs- oder Telefonnotizen festgehaltene Informationen über eine Person zu den personenbezogenen Daten. Folglich muss darüber also Auskunft erteilt werden.

 

Verteidigung der Versicherung (Beklagter)

Unter anderem war ein Punkt in der Verteidigung der Versicherung jener, dass die Auskunft über diese Notizen dem Geschäftsgeheimnis des Unternehmens unterliegen würde.

Das Gericht war allerdings nicht dieser Meinung. Das Gericht bestätigte das Urteil damit, dass diese Daten lediglich Angaben beinhalten, die vom Versicherten (Kläger) selbst getätigt worden sind. Im Endeffekt ist also keine Schutzbedürftigkeit der Versicherung gegeben.

Unzumutbarer Aufwand war ebenfalls ein Verteidigungspunkt der Versicherung. Das Durchsuchen der Dateien auf personenbezogene Daten würde die der Versicherung zur Verfügung stehenden Ressourcen weit überschreiten.

 

Auch zu diesem Argument der Versicherung hatte das Gericht eine klare Einstellung:

„Es ist Sache der Beklagten, die sich der elektronischen Datenverarbeitung bedient, diese im Einklang mit der Rechtsordnung zu organisieren und insbesondere dafür Sorge zu tragen, dass dem Datenschutz und den sich hieraus ergebenden Rechten Dritter Rechnung getragen wird.“

 

Hinsichtlich der Frage der Herausgabe der Datenkopie gemäß Artikel 15 Abs. 3 DSGVO hat sich das OLG Köln in diesem Urteil noch nicht beschäftigt, da der Kläger in diesem Fall von diesem Anspruch keinen Gebrauch machen wollte.

Die Revision zum BGH (Bundesgerichtshof) wurde in diesem Prozess zugelassen.

 

Fazit Urteil OLG zu Telefonnotizen in Rahmen DSGVO

Aus dem vorliegenden Urteil des OLG Köln ist vor allem eins deutlich geworden: Der Begriff der personenbezogenen Daten gemäß Artikel 4 Nummer 1 DSGVO ist sehr umfassend zu verstehen. Im Endeffekt wird nur der EuGH (Europäische Gerichtshof) Klarheit hinsichtlich der Reichweite des Auskunftsanspruches bringen können. Die Kölner Richter lehnten jedoch die Vorlage an den Europäischen Gerichtshof ab.

Das Urteil des OLG ist durchaus überraschend, denn eine solch weite Auslegung des Auskunftsanspruches könnte in Zukunft den betroffenen Unternehmen unüberschaubare und kostenintensive Zusatzaufgaben bringen. Durch dieses Urteil stehen die Unternehmen quasi vor der Aufgabe, sämtliche Gespräche oder Ereignisse mit ihren Partnern, Kunden, Mitgliedern, etc., schriftlich festzuhalten und darüber jederzeit Auskunft geben zu können. Grundsätzlich sollte es jedem zumutbar sein, darüber informiert werden zu können, welche Informationen und Daten einem Unternehmen preisgegeben worden sind und welche nicht. Solange vom Gesetzgeber keine Klarstellung oder Rechtsprechung erfolgt ist, wird jedoch empfohlen, alle Daten, insbesondere Gesprächsvermerke und Telefonnotizen, an einer zentralen Stelle zu speichern.