Was ist wichtig zur Beachtung bei der Durchführung von Videointerviews in Bezug auf den Datenschutz lt. DSGVO

Nicht nur für Unternehmen hat die Einführung der neuen Datenschutzgrundverordnung und des BDSG diverse Veränderungen gebracht, sondern auch für das Verfahren der Bewerbung und dessen Bewerber. Mit ein Grund, dass sich ein Interview über Video bei einer Bewerbung immer größerer Beliebtheit erfreuen, sind sicherlich die wegfallende Zeit und kostenintensive Anreise eines Bewerbers sowie die zunehmende Digitalisierung.

Interview per Video aus Sicht der Datenschutzgrundverordnung

Videointerviews dienen oftmals zur Vorauswahl von Bewerbern. Jedoch ist aus datenschutzrechtlicher Sicht zu beachten, dass in die Privatsphäre des Bewerbers nur so tief eingegriffen werden darf, wie es zum Zweck der Bewerbung dienlich ist. Durch ein Interview über Video werden sowohl Bild- als auch Tonaufnahmen und damit personenbezogene Daten nach Artikel 4 Nr. 1 DSGVO verarbeitet. Dabei sind als Rechtsgrundlagen § 26 Absatz 1 S. 1 BDSG (erforderlich zur Begründung des Beschäftigungsverhältnisses) oder die Einwilligung §26 Absatz 2 BDSG in Betracht zu ziehen.

In Bezug auf die „freiwillige Einwilligung“ kann bei Bewerbern grundsätzlich festgehalten werden, dass diese „nicht“ gegeben ist, wenn eine Teilnahme am Videoverfahren an einem vorgegebenen Bewerbungsprozess als Voraussetzung für den Zugang zum Bewerbungsverfahren ist. Des Weiteren muss der Bewerber, genauso wie die Kunden, über die Verarbeitung der personenbezogenen Daten einer Bewerbung informiert werden (lt. Artikel 13 DSGVO). Diesbezüglich kann die Durchführung eines Interviews mittels Video entweder mit oder ohne Aufzeichnung von Bild- und Tonaufnahmen erfolgen.

 

Zu Beachten auch die Informationspflicht Art. 13 u. 14 DSGVO

Wie jeder mittlerweile wissen sollte, muss bei jeder Datenverarbeitung jede dafür verantwortliche Person die DSGVO Informationspflicht beachten, wenn Kontaktdaten, wie Name, Adresse und anderes eines Kunden verarbeitet werden und diese einem Datenschutzbeauftragten mitgeteilt werden.

Im selben Atemzug werden dabei meist ohne weitere Differenzierung beispielsweise Hausnummern genannt. Doch genau bei diesen Angaben sollten Verantwortliche die Artikel 13 und 14 der DSGVO Informationspflicht genauer untersuchen. Während der Handlungsbedarf für Artikel 13 selbst schnell erkannt wird, weil er der jede Person betrifft, von der unmittelbar Daten erhoben werden, fühlen sich viele Verantwortliche nicht direkt im Bezug auf Artikel 14 konfrontiert.

Lesen Sie hierzu unseren Beitrag im Detail:

https://datenschutzbeauftragter-dsgvo.com/dsgvo-informationspflicht-informationspflicht-art-13-14/

Hierzu auch hilfreich die kostenfrei PDF-Lektüre zur Verfügung.

https://datenschutzbeauftragter-dsgvo.com/dsgvo-transparenzgrundsatz-enthalten/

 

Verwendung Aufgezeichneter Interviews mittels Video

Ein Interview auf Videobasis inklusive Aufzeichnung von Bild und Ton ist ein automatisiertes und zeitversetztes geführtes Interview, bei welchem der Bewerber die Fragen eingeblendet erhält, welche er ohne Beteiligung anderer beantworten muss und die Antworten aufgezeichnet werden. Korrekturen oder Wiederholungen von Fragen sind nachträglich in der Regel nicht mehr möglich. Solche Interviews werden, nach einer positiven Sichtung der Bewerbungsunterlagen, oftmals als nächster Schritt von einer Bewerbung eingesetzt. In einem solchen aufgezeichneten Interview sieht die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfallen in der Regel den unverhältnismäßigen Eingriff in das informative Selbstbestimmungsrecht eines Bewerbers, auch dann, wenn das Verfahren einer Bewerbung nur zu der manuellen Auswertung zulässiger Fragen dienlich ist, mit der Begründung, dass eine Aufzeichnung von Bild und Ton, im Gegensatz zu einem Gespräch vor Ort, eine intensivere und detaillierteren Auswertung des verbalen wie auch des nonverbalen Verhaltens, das heißt Tonfall, Gestik und Mimik, ermöglicht. Eine solche Auswertung könne daher höchstens für Berufe mit einem Öffentlichkeitsbezug wie beispielsweise Moderatoren § 26 Absatz. 1 S. 1 BDSG infrage kommen. Für die meisten Berufe lässt sich eine solche Auswertung nur schwer rechtfertigen, da aufgezeichnete Interviews für eine Auswahl der Bewerbe nicht erforderlich sind.

 

Auswertung des Videos zur Profilerstellung nur im Zuge der Legitimität erlaubt

Wird die Aufzeichnung eines Interviews im Ausnahmefall zugelassen, ist trotzdem das Ausmaß der nachfolgenden Auswertung entscheidend. Aufgezeichnete Interviews mit dem Ziel einer Profilerstellung und anschließender Analyse der Sprache sind nicht zulässig, wobei damit nicht gemeint ist, dass eine allfällige Profilerstellung darauf abzielt die Fremdsprachenkenntnisse zu ermitteln, was durchaus einen legitimen Zweck darstellen könnte.

Bei einer Profilerstellung mittels Sprachanalyse aus dem Gesprächsverhalten können mit Unterstützung einer entsprechenden Software auch Erkenntnisse über die Persönlichkeitsmerkmale gewonnen werden. Aufgrund der Sprechweise wie beispielsweise Lautstärke, Wortwahl, Pausen oder Satzlänge können individuelle Ergebnisse des Bewerbers analysiert und anschließend mit Referenzdatensätzen verglichen werden, sodass eine Wahrscheinlichkeitsaussage über ein Persönlichkeitsprofil möglich ist.

 

Erforderlichkeit der Auswertung des Videos ist nicht gegeben.

Es spielt keine Rolle auf welchen Erkenntnismethoden die Profilerstellung aufgrund einer Sprachanalyse basiert, weil sie nach Artikel 2 Absatz 1 i. V. m. Artikel 1 Absatz 1 GG einen gravierenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht darstellt. Da eine solche Verarbeitung von Gesprächsmerkmalen für das Beschäftigungsverhältnis gemäß § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG „nicht“ erforderlich ist, scheidet sie als Rechtsgrundlage aus. Der Arbeitgeber kann die Profilerstellung auch nicht über die Einwilligung des Bewerbers absichern, da diese mangels der „Freiwilligkeit“ als unwirksam zu sehen ist.

 

Bewerbungsgespräch durch Live-Verfolgung ist erlaubt.

Allerdings ist es möglich, ein Videointerview live durchzuführen. Die Kommunikation von Bewerber und Gesprächspartner seitens des Arbeitgebers findet direkt statt und ist somit identisch zu einem Gespräch vor Ort. Besonders wenn ein Bewerber weit weg wohnt, bietet diese Möglichkeit für Bewerbungsgespräche eine kostengünstige und zeitsparende Alternative, um möglichst schnell einen ersten Eindruck von der Gegenpartei zu gewinnen.

Beim Einsatz einer Software muss darauf geachtet werden, dass diese Software nach Vorgabe DSGVO eingesetzt wird. Die Verarbeitung der Daten seitens Arbeitgeber können nach § 26 Absatz. 1 S. 1 BDSG gestützt werden, abhängig vom konkreten Einzelfall. Seitens des Bewerbers kann gemäß § 26 Absatz 1 S. 1 BDSG genauso eine taugliche Rechtsgrundlage sein. Wenn dem Bewerber als Alternative ein Gespräch vor Ort angeboten wird oder die Durchführung des Videointerviews ausdrücklich gewünscht ist, kann von einer freiwilligen Einwilligung ausgegangen werden.

 

Fazit: Ist das Videointerview als positive Erweiterung oder Alternative anzusehen?

Solche Interviews bieten eine zusätzliche Möglichkeit zur persönlichen Präsentation und Vermittlung eines ersten Eindruckes bei einer Bewerbung. Es ist empfehlenswert, sich vor einem geplanten Interview mit einem Datenschutzbeauftragten in Verbindung zu setzen und seinen Rat einzuholen.

Weiterer Beitrag zum Thema Bewerbung und DSGVO:

Datenschutz mit Bewerbung, Bewerberdaten sowie Recruting

https://datenschutzbeauftragter-dsgvo.com/datenschutz-mit-bewerbung-bewerberdaten-sowie-recruting/