DSGVO – 2 Jahre später, 89% DSGVO nicht vollständig umsetzbar
Nach zwei Jahren Datenschutz-Auflagen kämpfen die Firmen noch immer.
Die Datenschutzgrundverordnung DSGVO wurde im Mai 2018 in Kraft gesetzt. Experten treffen sich auf einem Kongress und ziehen eine Bilanz dazu. Es gibt nachwievor Probleme bei der Umsetzung. Kleine Betriebe kämpfen mit enormen Problemen im Rahmen der Umsetzung der Datenschutz-Auflagen.
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Dazu berichtet Juri Sonnenholzner vom SWR:
Wer sich ein individuell geschaffenes Möbelstück wünscht, welches perfekt in die Umgebung passen sollte, benötigt genaue Vorbereitungen und Planungen. Dazu ist es wichtig, die Voraussetzungen des neuen Standortes mit einzubeziehen. Fotos sind da ein perfektes Hilfsmittel. Wie sind die Lichtverhältnisse? Gibt es auffällige Stücke, die mit dem neuen Möbelstück in Konkurrenz stehen könnten? Auf welchem Bodenbelag wird das Möbelstück stehen? Inneneinrichter wie Günter Derwaritsch schießen viele solche Fotos, damit seine Kunden ihre perfekten Möbel bekommen. Seit Mai 2018 ist das Erstellen solcher Fotos nicht mehr so einfach.
Datenschutzverordung DSGVO
Mai 2018 war der Zeitpunkt, als die Datenschutzgrundverordnung in Kraft trat. Eine Verordnung, welche die Verarbeitung personenbezogener Daten vereinheitlichen sollte und dass sogar EU-weit. Dazu sollte die Verordnung auch den Verbraucherschutz stärken. Deutsche Unternehmen waren bereits größtenteils mit den Vorgaben vertraut. Die Datenschutzgrundverordnung verdeutlichte die bereits bestehenden Vorgaben. Jetzt soll für jede Nutzung der Daten eine Einwilligungserklärung eingeholt werden. Oder es muss von den Handwerksbetrieben dokumentiert werden, wie die personenbezogenen Daten verarbeitet werden.
Warum sind teure Wünsche der Kunden datenschutzrelevant?
Warum stellen die Fotos, wie sie Günter Derwaritsch anfertigt, ein Problem dar? Unter personenbezogenen Daten, versteht man alle Informationen, mit welchen man Rückschlüsse auf eine natürliche Person ziehen kann. Diese Informationen müssen dann nach der DSGVO datenschutzrechtlich abgesichert werden. Diese Daten sind nur Personen zugänglich zu machen, welche zwingend mit dem Vorgang zu tun haben.
Herr Derwaritsch erklärt dazu, dass man aus Fotos auch Informationen ziehen kann. Welche Art der Treppe wurde eingebaut? Welche Holzqualität hat der Kunde sich ausgesucht? Eine einfache Fichte oder Holz aus einem Eichenholz-Weinfass im Alter von 200 Jahren. Diese Informationen bieten beispielsweise die Möglichkeit, auf die finanzielle Lage der Kunden Rückschlüsse zu ziehen.
Da Herr Derwaritsch den Datenschutz genauso perfektionieren möchte, wie die Produktion seiner erstklassigen Möbel, ist Papierkrieg angesagt. Damit er die Datenschutz-Grundverordnung erfüllen kann, teilt er die Auftragsmappen in zwei Teile. Die Mitarbeiter seiner Werkstatt erhalten die minimalisierten Ausgaben der Arbeitsmappen. Die sensiblen Daten bleiben im zweiten Teil der Arbeitsmappe unter Verschluss. Erst wenn es zur Lieferung kommt, werden beide Mappen zusammengefügt. Ein Mappenwirrwar, welches die Arbeit erschwert und unnötig Zeit frisst. Für Herr Derwaritsch ist dies ein großer zusätzliche Arbeitsaufwand.
Es kommt oft vor, dass die Verordnung praktisch nicht umsetzbar ist.
Ein Sachverhalt, denn viele andere Unternehmer ebenfalls bestätigen. Das bestätigt eine Umfrage des Digitalverbands Bitkom, in deren Rahmen über 500 Unternehmen befragt wurden. Das Ergebnis ist, dass lediglich jedes fünfte Unternehmen die Datenschutz-Grundverordnung vollständig umgesetzt hat. Susanne Dehmel – Mitglied der Bitkom-Geschäftsleitung sagt dazu, dass die Datenschutz-Grundverordnung eben kein Pflichtheft ist, welches sich nach und nach abarbeiten lässt. Die Vorschriften sind zum Teil unklar und die Datenschutzbehörden kommen mit weiteren Anforderungen, was das Ganze zu einem Fass ohne Boden macht. Dass die Verordnung praktisch nicht komplett erfüllt werden kann, sagen 89 Prozent der befragten Unternehmen aus.
Ulrich Kelber ist Bundesdatenschutzbeauftragter.
Er sieht die Datenschutz-Grundverordnung als erfolgreich an. Er sagt, sie hat ein Bewusstsein für Datenschutz geschaffen. Er sieht aber auch, dass kleine und mittelgroße Unternehmen einen Bedarf an mehr Hilfestellung haben. Dies ist eine Aufgabe, welche den einzelnen Bundesländern zufällt. Für kleine und mittelständische Unternehmen oder Vereine sind die Kollegen des Landesdatenschutzes zuständig. Der Landesdatenschutz sei leider unterbesetzt. Hier sollten die Landesregierungen- und Parlamente tätig werden und das Personal aufstocken. Er sieht es so, dass hier jede Stelle der Wirtschaftsförderung dient.
DSGVO- Umsetzung: Verfahren unbürokratisch gestalten.
Das würde Herr Günter Derwaritsch sehr erfreuen. Er wollte alles richtig machen. Mit der Beauftragung eines externen Datenschutzbeauftragten sowie interner Schulungen kamen schon Kosten von mehreren tausend Euro zum tragen. Hinzu kommt einiges an Lehrgeld – so sollte ein Schrank ausgeliefert werden. Die enge Wendeltreppe des Kunden galt als datenschutzrelevant und gelangte somit nicht in die Werkstatt. Das Auslieferungsteam musste mit dem fertigen Schrank umkehren und erneut mit einem zerlegten Schrank kommen.
Gerade bei Fotos kommt es immer wieder zu den Fragen, ob diese tatsächlich weggesperrt müssen oder nicht. Herr Kelber (DSB) sagt, dass sie es immer wieder erleben, dass Unternehmen von Beratern oder zu vorsichtigen Rechtsanwälten Verfahren lostreten, die überbürokratisiert und überflüssig sind. Diese Verfahren hätten überhaupt nichts mit der Datenschutz-Grundverordnung zu tun.
Ein Bericht der Tagesschau vom 05. Oktober 2020 um 14:00 Uhr.
Datenschutzkongress in Berlin / Juri Sonnenholzener / SWR
https://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-766279.html
DSGVO für Unternehmen. Immer noch 40 Prozent Nicht DSGVO-Konform
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