Neue Orientierungshilfe der DSK für Direktwerbung unter Geltung der DSGVO
Mancher Unternehmenskunde wird sich letztes Jahr über das Ausbleiben einer Weihnachtskarte gewundert haben. Ein Grund könnte die Verunsicherung durch die 2018 in Kraft getretene DSGVO sein. Weihnachtsmailings und Weihnachtspost sind dabei nicht nur ein wettbewerbsrechtliches Thema. Sie berühren insbesondere auch die Fragen, welche die neue Datenschutzgrundverordnung aufwirft. Das beweist eine im November 2018 veröffentlichte Orientierungshilfe der DSK (Deutsche Datenschutzkonferenz). Dieser Zusammenschluss der deutschen Datenschutzaufsichtsbehörden definiert darin den Werbebegriff. “Weihnachtsmailing” ist dabei wie viele andere Formen der werbenden Kommunikation tatsächlich ein Thema.
Lesen Sie hier:
DSK-Orientierunghilfe zur Werbung unter der DSGVO:
Was ist die Orientierungshilfe und wer ist betroffen?
Zunächst einmal ist es sehr wichtig, zu verstehen, dass diese Handreichung eine Behördenmeinung zur Vorgabe DSGVO darstellt. Sie hat nicht die Leitwirkung eines Gerichtsurteils und ist schon gar kein Gesetzestext. Trotzdem ist sie eine bedeutsame Auslegungshilfe für die Datenschutzgrundverordnung. Sie konkretisiert Positionen der Datenschutzbehörden. Insbesondere wenn es um bußgeldbewehrte Verstöße gegen die Datenschutzregelungen im Zusammenhang mit Direktwerbung gibt, lassen sich Rückschlüsse auf die Auffassung der Datenschützer ziehen.
Zwei Aspekte erscheinen dabei von besonderem Interesse: Von Anfang an stand das komplexe Verhältnis zwischen dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und der Datenschutzgrundverordnung im Fokus der Diskussionen. Insbesondere zum Thema Werbe-E-Mails und Telefonmarketing finden sich in der Orientierungshilfe Informationen zum Verhältnis der Gesetze zueinander. Der Leitfaden nimmt darüber hinaus seinen Anfang mit der Definition des Werbebegriffes:
Einmal wird auf die EU-Richtlinie 2006/114/EG Bezug genommen, die Werbung definiert als
“jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen, zu fördern”.
RICHTLINIE 2006/114/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES:
https://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2006:376:0021:0027:DE:PDF
Die Verfasser schreiben, dass die Gerichte “Zufriedenheitsnachfragen bei Kunden, Geburtstagswünsche und eben zum Beispiel Weihnachtsmailings als Werbung ansehen”.
Die Vorgabe DSGVO bedeutet zudem, dass die Kontaktaufnahme durch Parteien, Vereine oder Verbände Direktwerbung sei, wenn diese ihre Ziele bekannt machen wollen.
Welche Themen behandelt diese Orientierungshilfe?
Im Wesentlichen nimmt die Datenschutzkonferenz Stellung zu fünf Themenkreisen im Zusammenhang der Verarbeitung von personenbezogenen Daten für die Direktwerbung. Die Autoren beschreiben die Interessensabwägung im Zusammenhang mit der Datenverarbeitung. Im zweiten Abschnitt wird zur Informationspflicht des (Werbe-)verantwortlichen Näheres ausgeführt. Es folgt ein Leitfaden zur Gestaltung des Einverständnisses in die Verarbeitung personenbezogener Daten für den Zweck der Direktwerbung. Im vierten Kapitel werden spezielle Sachverhalte beschrieben. Abschließend befasst sich die Orientierungshilfe mit dem Werbewiederspruch und seiner DSGVO-konformen Umsetzung.
Interessensabwägung bei Direktwerbung
Die Autoren bejahen, dass eine Verarbeitung personenbezogener Daten für Direktwerbung ein berechtigtes Interesse nach “Erwägungsgrund 47 DSGVO” darstellen. Mit diesem berechtigten Interesse hätte sich die Weihnachtskarte an einen Bestandskunden sicher legitimieren lassen.
Es gibt außerdem eine ganz wichtige Anmerkung im Zusammenhang mit den Schutzvorschriften des UWG: Wenn dieses Gesetz einen bestimmten Kontaktweg zum Betroffenen nicht erlaubt (z. B. telefonische Ansprache), darf die Abwägung nach „Art.6 Abs. 1 Satz 1 “lit.f DSGVO” nicht zugunsten einer Verarbeitung dieser Kontaktdaten für Direktwerbung ausfallen. Es wird folglich darauf hingewiesen, dass die Datenschutzverordnung niemals das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb aushebelt.
Ebenso wichtig ist der Hinweis zur Nutzung von E-Mail-Adressen von Bestandskunden. Die Orientierungshilfe bejaht, dass E-Mail-Adressen, die im Rahmen einer Geschäftsbeziehung erhoben wurden, genutzt werden können, wenn bei Datenerhebung der Zweck der E-Mail-Werbung transparent dargelegt wurde. Telefonwerbung bei Verbrauchern untersteht einerseits dem Einwilligungsvorbehalt durch das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. Datenschutzrechtlich stünden andererseits schutzwürdige Interessen der betroffenen Personen im Wege. Wurden Daten ursprünglich nicht für Werbezwecke erhoben, muss der Verantwortliche eine Kompatibilitätsprüfung durchführen.
Informationspflichten
Die Datenschutzkonferenz sieht zwei Stufen, wie Verantwortliche die Informationspflichten, die sich nach Art. 13 Abs. 1 und 2 DSGVO ergeben, erfüllen können. Da bei Beginn der Datenerhebung nicht über alle Themen informiert werden kann, sollen in der ersten Stufe regelmäßig folgende Informationen enthalten sein: die Identität des Verantwortlichen, Kontaktdaten des Datenschutzbeauftragten, die Rechtsgrundlage (Schlagworte), die Angabe des berechtigten Interesses, die Empfänger oder Empfängerkategorien von Daten, die Übermittlung in Drittstaaten, das Widerspruchsrecht und der Hinweis für den Zugang zu weiteren Pflichtinformationen (Stufe2). Information und Werbetext sind eindeutig zu trennen.
Interessant ist besonders der Hinweis zu den “Altfällen”, also personenbezogenen Daten, die vor Inkrafttreten der Verordnung erhoben wurden. Dies hatte für einigen Wirbel gesorgt und zur Einstellung diverser Newsletter. Nun soll bei künftigen Kontakten mit den betroffenen Personen die neue Informationspflicht angemessen umgesetzt werden. Es ist nicht davon die Rede, dass das Einverständnis zur Verarbeitung personenbezogener Daten bei den Altfällen neu eingeholt werden müsse. Dieser Punkt wurde bislang unterschiedlich interpretiert.
Einwilligung in die Datenverarbeitung für Direktwerbung
Es soll eine unmissverständlich abgegebene Willenserklärung vorgelegt werden. Die Schriftform ist dabei zwar nicht zwingend vorgeschrieben. Die Datenschutzkonferenz gibt in der Orientierungshilfe jedoch einen unmissverständlichen Rat: Verantwortliche müssen in der Lage sein, gemäß Art 7. Abs. 1 DSGVO speziell das Vorliegen eines Einverständnisses nachzuweisen. Daher wird geraten, sich regelmäßig um die Zustimmung in Schriftform (E-Mail) oder in Handschrift zu bemühen.
Solche Einverständnisse müssen in einem gesonderten Textabschnitt vorliegen. In diesem Zusammenhang ist auch das Koppelungsverbot zu beachten. Gemeint ist damit folgendes: Ein Kunde darf zum Beispiel an der Kasse in einem Online-Shop nicht genötigt werden, sein Einverständnis für Werbezusendungen in einem Kästchen anzuklicken, wenn er seinen Kaufvorgang im Web abschließen will. Explizit verweist die Datenschutzkonferenz auch auf das Double-Opt-In-Verfahren für elektronische Einwilligungen: Der Verantwortliche darf sich nicht mit dem Abspeichern von IP-Adressen begnügen, sondern muss Protokollierung des Double-Opt-In-Verfahrens mit Inhalten nachweisen können. Der Nachweis gilt dabei nicht für die Verwendung von Telefonnummern für Direktwerbung. Dafür bedarf es eines gesonderten Einverständnisses.
Spezielle Sachverhalte bei der Datenverarbeitung für Direktwerbung.
Anbieter von Kontaktverzeichnissen müssen die Zulässigkeit der Veröffentlichung von Daten von Telekommunikationsdienste-Anbietern prüfen(ob zum Beispiel ein Anschlussinhaber die Veröffentlichung untersagt hat). Die Verarbeitung von Postadressdaten für Direktwerbung, die aus Preisausschreiben und Gewinnspielen gewonnen wurde, erscheint den Datenschützern zulässig, wenn über die Datenverarbeitung zu Werbezwecken informiert wurde. Unzulässig ist das Auslesen von Impressumsdaten für Direktwerbung. Die Quelle der personenbezogenen Daten bei Fremdadressenbewerbung und der Verantwortliche müssen klar ersichtlich sein (E-mail, ladungsfähige Anschrift). Sogenannte “Freundschaftswerbung” (Empfehlung durch Dritte) ist nach der Datenschutzverordnung nicht möglich.
Werbewiederspruch
Die Einwilligung muss widerrufen werden können. Damit sind auch Werbesperrdateien für Betroffene zulässig. Auf keinen Fall dürfen Werbetreibende die Unterrichtung über das Werbewiderspruchsrecht (Art. 21 Abs. 4 DSGVO) vergessen.
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